Zu wenig zum Leben? Unglaubwürdige Darlehensverträge? Zuviel Vermögen?
Die Wohngeldstelle prüft bei Zweifeln bezüglich der Glaubwürdigkeit hinsichtlich der Einkommenshöhe, ob das Einkommen plus dem möglicherweise bewilligten Wohngeld überhaupt zum Leben ausreicht.
Da im Wohngeldgesetz keine eigene Regelung zum Existenzminimum existiert, wird hilfsweise der Sozialhilfebedarf als Orientierung herangezogen. Das wird in Ziffer 15.01 der WoGVwV (Stand 2017) konkreter ausgeführt ist. Durch ein Schreiben des zuständigen Bundesminsteriums soll die WoGVwV ab dem 11.3.2020 aber in einer modifizierten Fassung angewendet werden. Demnach soll eine Plausibilitätsprüfung durchgeführt werden, wenn
80% des maßgebenden Regelbedarf der Sozialhilfe
plus Miete incl. Heizkosten
plus eventuelle Kranken-/Pflegeversicherungbeiträge oder Rentenversicherungsbeiträge
mit Hilfe der Summe der Einnahmen inclusive dem errechneten Wohngeld nicht erreicht werden. Mehrbedarfe, einmalige Beihilfen oder Bildungs+Teilhabe sollen nicht in die Sozialhilfeberechnung eingehen.
Quelle:
pdf
Hinweis des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat vom 11.3.2020 zur Plausibiltätsprüfung
(318 KB)
Allerdings ist im Sozialhilfeniveau ein Anteil für Ausbildungskosten nicht enthalten, so dass die Auffassung der Wohngeldstelle Oldenburg bisher die war, dass bei Studierenden Immatrikulationsgebühren aufgeschlagen werden müssten (dieses Argument ist aber problematisch, siehe Beispiel unten!).
Wird der Kontrollwert unterschritten, so sollen sich die Antragsstellenden dazu äußern können. Möglicherweise muss im Einzelfall nachgewiesen werden, dass das zur Verfügung stehende Einkommen ausreicht. Dafür gibt es einen speziellen Vordruck. Eine Kontrolle von Girokontoauszügen wird wahrscheinlich. Zur Schwärzung von Verwendungszwecken und zum Einsatz von Girokontoauszügen allgemein sagt das Schreiben des BMI auch einiges.
Beispiel für eine Lebenshaltungsrechnung:
Eine Studentin möge inklusive eines zu bewilligenden Wohngelds 850 € zur Verfügung haben, womit sie folgende Ausgaben tätigt:
Mensa (20 Tage x 4 € ) |
80 € |
Nahrungsmittel, sonst. Einkauf |
200 €
|
Cafete, Kneipe,... |
30 €
|
Bücher, Kopien,... |
ca. 30 €
|
Immatrikulation (400 € : 6) |
ca. 67 €
|
Ersatz für Bekleidung |
ca. 25 € |
Telefon / Internet |
25 €
|
Strom |
20 €
|
Krankenversicherung |
ca. 122 €
|
Heizung |
50 €
|
Miete ohne Strom und Heizung |
190 € |
Gesamtkosten |
839 € |
Der modifizierte Sozialhilfebedarf dieser Studentin wäre jedenfalls (Stand: 2024): 450,40 € 80% des Regelbedarfs + 122 € Krankenversicherung + 230 € Miete ohne Strom = 802,40 €. Nach dem oben erwähnten Schreiben des Ministeriums wäre das unkritisch. Werden hier ca. 67 € Immatrikulationsgebühren selbst getragen, könnte es doch etwas knapp wirken. Andererseits werden gerade durch diese Gebühr besonders günstig Ressourcen erschlossen, die einem Sozialhilfehaushalt verwehrt bleiben (Mensaessen; StudiTicket, das unter Umständen vom zuständigen AStA erstattet werden kann, dazu auf der Seite Kosten nachlesen!). Bei einer Erstattung des Studi-Ticket durch den Uni-AStA (Begründung: wirtschaftliche Notlage, Beleg: Wohngeldbescheid) wären nur noch ca. 32 € zurückzulegen.
Wichtig ist, dass auch Vermögen verbraucht oder ein Darlehen aufgenommen werden kann, wenn das laufende Einkommen für die Glaubwürdigkeitsprüfung nicht ausreicht. Darlehen, Entnahmen aus Vermögen und Rückzahlungen von Schuldnern werden bei der konkreten Ermittlung des Wohngeldes nicht als Einkommen gerechnet (Ziffer 14.31 Nr. 1 der WoGVwV), wodurch das anzurechnende Einkommen gering bleibt und das Wohngeld entsprechend höher ausfällt. Nur bei der Entscheidung über die "Glaubwürdigkeit" können Darlehen/Vermögen als Einkommen anerkannt werden, so dass auf der anderen Seite die wirtschaftliche Eigenständigkeit sehr wohl nachweisbar ist.
Erhebliches Vermögen
Allerdings ist bei "erheblichem Vermögen" nach § 21 Nr. 3 WoGG der Wohngeldantrag abzulehnen. Diese Klausel war bereits vor 2009 in der alten Verwaltungsvorschrift enthalten (zur Auslegung in der WoGVwV: Ziffer 21.37). In meiner Beratungspraxis ist es bisher nicht zu einer Anwendung dieser Bestimmung gekommen.
Glaubwürdigkeit von Darlehenszahlungen
Darlehen von den Eltern gelten als Unterhaltszahlungen und werden bei der Wohngeldermittlung berücksichtigt. Entsprechende Darlehensverträge werden als unglaubwürdig abgetan. Ob bei einer Zweitausbildung die Eltern zu Unterhalt als Zuschuss verpflichtbar wären, könnte hier noch als Argument eingeführt werden, möchte ich aber nur als Anregung stehen lassen. Ohne Unterhaltspflicht wird die Darlehenslösung jedenfalls glaubwürdiger.
Ein Vertrag ohne genaue Angaben zu Laufzeit, Rückzahlungsbeginn und -raten ist grundsätzlich problematisch. Je ungewisser die Rückzahlung insb. bei hohem Alter des Gläubigers ist, desto klarer ist der Verdacht, dass es sich nicht um ein Darlehen handelt. Beispielhaft ein Urteil des VG Braunschweig vom 27.03.2003 (Az. 4 A 259/02).